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Ein großes aufgeklebtes A auf einer nassen Fassade
Foto: © Pearse O'Halloran

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Typografie für Menschen mit Sehbehinde­rungen

Wer Informationen übermitteln will, muss diese verständlich aufbereiten. Die Typografie ist ein wesentlicher Bestandteil davon. Nicht nur der Inhalt selbst (wie etwa Sprache, Satzbau und Textstruktur), sondern auch eine angemessene typografische Gestaltung entscheiden darüber, wie verständlich, wie schnell und wie motiviert Texte gelesen werden können. Allerdings fallen die Voraussetzungen dafür unterschiedlich aus: Lesekompetenz, Lesegewohnheiten und auch Sehbehinderungen haben einen Einfluss auf diese Übermittlung von Informationen.

Die typografische Gestaltung wird noch vor dem Inhalt wahrgenommen. Das ist ein Grund mehr, warum sie keine Hürde darstellen sollte. Für eine gute Lesbarkeit gibt es viele allgemeine Regeln:

  • Die Schriftgröße sollte angemessen zum Leseabstand und Medium gewählt sein.
  • Der Zeilenabstand sollte nicht zu klein ausfallen, mindestens 130 Prozent sind sinnvoll.
  • Texte in Versalien (Großbuchstaben) erschweren die Lesbarkeit.
  • Ein Flatter- oder Blocksatz sollte ausgeglichen sein, damit sich das Auge gut festhalten kann. Löcher im Satz oder seltsame Treppen am Zeilenende können irritieren.
  • Die Zeilenlänge sollte nicht zu lang sein.
  • Schriftarten und -schnitte sollten bedacht eingestetzt werden: Zu viele Schriftarten auf einmal können stören, nur eine Schriftart zu wählen ist aber auch nicht unbedingt zuträglich. Beispielsweise lassen sich Gegensätze mit verschiedene Schriften schneller abbilden, um einen Kontrast zwischen Fließtext und Überschrift herzustellen. Auf diesen Weg können auch sinnvoll eingesetzte Schriftauszeichnungen (kursiv, fett, extrafett …) die Lesbarkeit erhöhen.
  • Die Farbkontraste zwischen Schrift und Umgebung sollten ausreichend sein. Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) definieren Kontrastverhältnisse für die jeweiligen Levels. Tools wie Farbe und Kontraste prüfen von meinem Projekt barrierefreies.design sind während der Gestaltung eine Hilfe.

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Relevant ist jedoch auch die Wahl der Schrift selbst. Für die Darstellung auf Displays rät man eher zu serifenlosen Schriften, weil die feinteiligen Serifen mit einer schlechten Pixeldichte unscharf dargestellt werden. Wahrscheinlich wird sich das mit der Zeit ändern, weil Endgeräte zunehmend mit einem HiDPI- beziehungsweise Retina-Display ausgestattet werden. Für Gedrucktes haben sich dagegen die Serifenschriften durchgesetzt.

Noch einen Schritt weiter geht man mit Schriften, die speziell für Menschen mit einer Sehbehinderung optimiert wurden. Herauszustellen ist dabei die »Atkinson Hyperlegible Font«. Das Braille Institute of America, einer Nichtregierungsorganisation, die sich für blinde und sehbehinderte Menschen einsetzt, und das Designbüro »Applied Design Works« wollen mit dieser Schrift das Leben von Menschen mit einer Sehschwäche erleichtern. Insbesondere vor einer älter werdenden Gesellschaft und der Verbreitung chronischer Krankheiten wie Diabetes nimmt die Bedeutung einer lesbaren Typografie zu.

Die Zeichenkette wird »B8 1Iil« wird in der oberen Zeile scharf und in der unteren Zeile unscharf dargestellt. Aufgrund ausgeprägter Merkmale ist die Zeichenkette auch unscharf lesbar.

Für die »Atkinson Hyperlegible Font« hat man sich dabei verschiedener Kniffe bedient. So wurden verschiedene Eigenschaften von Schriften miteinander verwendet, die üblicherweise nicht kombiniert werden. Auf diesen Weg konnten Buchstaben und Ziffern gestalterisch möglichst klar voneinander abgegrenzt werden und mit einer geringen Sehkraft besser wahrgenommen werden. In der Konzeption hatte die Ästhetik deshalb eine untergeordnete Rolle, trotzdem kann sich das Ergebnis sehen lassen.

Die Schrift gibt es direkt beim Braille Institute of America in verschiedenen Schnitten zum Download oder bei Google Fonts zum Einbetten auf Websites.